Das Eckbüro
Projektname: Das Eckbüro
Produkt: Möbelstudie für einen Minimal-Arbeitsplatz
Material: Formholz, schwarz lackiert
Datum: 2009 - 2010
Kunde: Prototyp in Zusammenarbeit mit der Holzwerkstatt Markus Faißt
Fotos: Eva Jünger, München
Download: Corner furniture: design research (English text)


Gelegentlich stoßen wir bei unseren Recherchen auf besonders eigenwillige Möbeltypen vergangener Zeiten. Begeistert betrachten wir diese als „Wissensträger in Gegenstandsform“ und befragen sie nach ihrer Herkunft, den zugrunde liegenden Mustern ihres Alltagsgebrauchs. Wir analysieren die Spuren ihrer Herstellung, ihrer Aneignung und untersuchen die soziokulturellen Rahmenbedingungen ihrer Entstehung. Daraus gewinnen wir grundlegende Erkenntnisse, die wir in eigene experimentelle Möbelstudien einfließen lassen.

Eck-Möbel: Abstammung
Schon immer gibt es das Bedürfnis Zimmerecken mittels raffinierter Möbellösungen nutzbar zu machen. Ideengeschichtlich glauben wir mindesten drei unterschiedliche Ansätze nach ihrer Herkunft unterscheiden zu können.

Der Herrgottswinkel Volkstümliches Holzgerät Biedermeier-Etagere
1. Der Herrgottswinkel
Der Herrgottswinkel fokussierte geistiges und alltägliches Leben räumlich in der Zimmerecke. Ausgestattet mit Kruzifix, Eckbrett´l, Tischwinkel samt umlaufender Eckbank wird paradoxerweise die Ecke zum Zentrum der bäuerlichen Stube.

2. Volkstümliches Holzgerät
In volkskundlichen Museen kann man neben handwerklichen Arbeitsgeräten eine nahezu unüberschaubare Vielfalt an dreibeinigen Trockengestellen und hölzernen Eckablagen finden. Typologisch verorten wir solche `beweglichen Stellagen´ zwischen Werkzeug und Möbel.

3. Kleinmöbel der Biedermeierzeit
Den Wunsch nach bürgerlicher Wohnlichkeit bei optimaler Ausnutzung des vorhandenen Raumes, verdeutlichen die zahlreichen Ecklösungen aus dem ersten Drittels des 19. Jahrhunderts.
Diverse Möbeltypen mit gekurvten Fronten sollten neben zusätzlichem Stauraum für die Komplettierung des Mobiliars sorgen und dabei gleichzeitig zur optischen `Abrundung´ des Wohnraumes beitragen.

Eine Vielzahl praktischer Möbeltypen für Raumecken lassen sich von diesen drei Traditionslinien ableiten. Der 2005 erschienene Katalog „Möbel: Eine Typologie für Museen und Sammlungen“, zählt eine ganze Reihe von Beispielen für den enormen Einfallsreichtum historischer Ecklösungen auf: Eckbank, Eckfauteuil, Eckkommode, Ecketagere, Eckvitrine, Eckschrank, Eckstuhl, Ecktisch.
Wir greifen den roten Faden dieser Traditionslinien auf und entwickeln daraus ein neuartiges Arbeitsmöbel.

Das Eckbüro
Mit dem Eckbüro thematisieren wir die zunehmende Flexibilisierung von Arbeitssituationen und Arbeitsräumen. Das leichte, zweibeinige und auf das Wesentliche reduzierte „Gestell“ kann in jede Raumecke gelehnt werden. Damit erschließen wir neue Einsatzbereiche: als kompakte Workstation, platzsparende Ablage oder (Schreib-)Unterlage für private und halböffentliche Räume (Hotelzimmer, Warteräume, Lobby, etc). Das Eckbüro ist als „Mitnahmemöbel“ konzipiert. Alle Bauteile sind flach verpackt und auf einen raum- und kostensparenden Transport hin optimiert. Der Aufbau des Eckbüros erfolgt werkzeugfrei. Dabei werden die beiden Beinholme so ineinander gesteckt, dass sie einen A-förmigen Rahmen ausbilden. Viertelkreis-Regalböden bieten Stauraum für die wichtigsten Unterlagen und ausreichend Arbeitsfläche für die Verwendung mobiler elektronischer Geräte. Ein Wandabstand von einigen Zentimetern erleichtert die Kabelführung und umgeht vorhandene Fußbodenleisten, Kabelschächte, Telefon- oder Steckdosen.